MANILA (Philippinen) – Die USA und Deutschland beendeten ihr Halbfinale mit der höchsten Punktzahl in der Geschichte der FIBA-Basketball-Weltmeisterschaft. Am Ende kam es lediglich auf Kleinigkeiten an und Deutschland setzte sich bei einem Spielstand 113-111 durch.

Sie treffen nun im Finale am Sonntag auf Serbien, während die USA im Spiel um den dritten Platz gegen Kanada antreten.

Wendepunkt: Im Jahr 1994 spielten Russland und Kroatien im Halbfinale gegeneinander, das Endergebnis lautete 66-64. Der Basketball hat sich seitdem stark verändert - die USA und Deutschland erzielten allein in der ersten Halbzeit zusammen 119 Punkte, wobei die USA mit 60-59 zu diesem Zeitpunk noch die Nase vorne hatten.

Wenn die erste Halbzeit im fünften Gang gefahren wurde, so schaltete Deutschland zu Beginn der zweiten Halbzeit in den sechsten Gang hoch. Franz Wagner und Daniel Theis drückten aufs Tempo, Mitte des dritten Durchgangs gesellte sich Andreas Obst mit der ungewöhnlichen Seite seines Spiels hinzu: Zum Korb ziehen und sich aufbäumen. In Ergänzung zur üblichen Wurfqualität, die ihm noch vor Beginn des vierten Viertels 19 Punkte einbrachte.

Als Isaac Bonga und Johannes Thiemann einen schnellen 5:0-Lauf hinzufügten, baute Deutschland eine 84:75-Führung auf, mit lediglich zweieinhalb Minuten im dritten Viertel zu gehen. Der Spielstand nach 30 Minuten zeigte 94-84, nachdem Dennis Schröder einen Pull-up-Zweier gegen einen Switch von Paolo Banchero machte.

Die USA versuchten ihr Bestmögliches, um die Lücke im vierten Viertelzu schließen, und es bedurfte zwei aufeinanderfolgender Dreier von Austin Reaves und Anthony Edwards, um mit 3:17 Minuten zu gehen auf -3 zu verkürzen (103-106). Der Großteil der 11.011 Fans in der Mall of Asia Arena unterstützten sie dabei mit  „Defense! Defense!“ Rufen, und es wurde ohrenbetäubend laut, als Edwards in diesem Lauf einen krachenden Dunk durch die Reuse hämmerte.

Reaves' Freiwürfe sorgten knapp eine Minute vor Spielende für einen Stand von 108:107. Deutschlands Antwort? Ein gigantischer Dreier aus der Ecke von Andi Obst!

Schröders Mitteldistanztreffer vergrößerte den Abstand auf 113-107, Reaves schaffte einen schnellen Dunk, um den Vorsprung wieder auf -4 zu reduzieren, aber selbst als die USA wieder in Ballbesitz kamen, warf Anthony Edwards den Ball 27,6 vor Spielende ins Aus.

Deutschland schaffte es, die Uhr herunterzuspielen und sich zum ersten Mal überhaupt eine Teilnahme am WM Finale zu sichern!

TCL-Spieler des Spiels: Andreas Obst, was war das denn!? Der 27-Jährige aus Halle hörte zu Beginn des vierten Viertels sogar MVP-Gesänge von der Tribüne, die alle Defensivfehler der USA komplett straften.

Sie fanden sich unter dem Screen? Er hat darüber geworfen. Sie verfolgten ihn, er zog zum Korb. Sie brachen zusammen? Er hat seine Teamkollegen gefunden. Ein absoluter Feuerwerkskörper in einem Spiel, bei dem er 24 Punkte und 6 Assists einsammelte. Deutschland war mit ihm auf dem Feld ein +11-Team.

Zahlen lügen nicht: Wieder einmal störten sich die USA an der Körperlichkeit und der Größe des Gegners. Deutschland griff sich 12 Offensivrebounds und sicherte sich zweite Chancen mit 25:8 Punkten.

Fazit: Das Halbfinale 2006 zwischen Griechenland und den USA wird abgelöst, denn Deutschland und die Vereinigten Staaten haben einen neuen Rekord für das Halbfinale mit der höchsten Punktzahl in der Geschichte der Weltmeisterschaft aufgestellt. Trainer Gordie Herbert spielte alle seine Karten perfekt aus, in diesem Spiel gab es kein schwaches Glied in seiner Mannschaft.

Trainer Steve Kerr warnte vor diesem Spiel und diesem Gegner, aber selbst mit einer herausragenden Offensivleistung konnten die USA nicht ins Titelspiel zurückkehren. Ihr letztes Finale spielten sie 2014, nun haben sie es bereits zum zweiten Mal in Folge bei Weltmeisterschaften verpasst.

Stimmen zum Spiel: „Herzlichen Glückwunsch an Deutschland, viel Respekt vor ihnen. Sie haben großartig gespielt, vom Anfang bis zum Ende, und jeden Anschlusstreffer, den wir hatten, haben sie erwidert. Sie haben einen Weg gefunden, an ihrem Spielplan festzuhalten und das Spiel zu gewinnen, großes Lob dafür." -Jalen Brunson, USA

„Das war der Hauptgrund für die Niederlage, wir haben es nie geschafft, dass sie uns in der Defensive spüren. Dennis Schröder hatte großen Anteil daran, er ist ein wirklich harter Verteidiger, er ist schnell, er bekommt den Ball und kann konstant draufhalten und das beeinträchtigt deine Verteidigung. Wir haben zudem einige Fehler gemacht. Es klingt verrückt, aber den ersten Offensiv-Rebound im Spiel musst du ausboxen. Von Anfang an musst du den Ton angeben. Und dann hat Obst einen Dreier getroffen, der sich aus diesem Offensivrebound ergeben hat, und das Spiel öffnete sich für ihn. Er war der Schlüssel für diesen Sieg.“ - Steve Kerr, Cheftrainer der USA

„Das ist eine ganz besondere Gruppe und natürlich ein historischer Sieg für Deutschland. Ich weiß nicht, was ich über das Spiel sagen soll, wir haben noch eines vor uns. Für mich ist es erst der zweite Sommer mit der Nationalmannschaft, aber fast alle anderen spielen seit mehreren Jahren für die Nationalmannschaft und haben jahrelange Erfahrung auf diesem Niveau, spielen auch zusammen. Wir sind seit (der FIBA EuroBasket 2022) gewachsen, es hilft definitiv, jeden Sommer öfter zusammen zu spielen.“ - Franz Wagner, Deutschland

„So wie wir zusammen spielen, haben wir auch in schwierigen Zeiten zusammengehalten, und wir hatten Spieler, die großartige Spielzüge gemacht haben. Noch ein Spiel. Wir genießen den Abend und ab morgen bereiten wir uns voll auf Sonntag vor. Wir haben in der Umkleidekabine nach dem Spiel darüber gesprochen: Es ist es ein toller Sieg, aber wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen. Diese Mannschaft will Gold gewinnen.“ - Gordie Herbert, Deutschland-Cheftrainer